Jetzt fragen Sie sich bestimmt, warum dieses Wissen für mich als Koch so wichtig ist? Zum Beispiel, wenn man für eine Fluggesellschaft ein Menü kreiert oder in höher gelegenen Bergregionen arbeitet, sowie ich aktuell im Schweizer Hotel Prätschli in Arosa, für das ich das saisonale Konzept „artis by Tristan Brandt“ entwickelt habe.
Das Prätschli liegt oberhalb von Arosa auf 1.900 Metern Höhe und verfügt über eine fantastische Aussicht auf das Dorf und die umliegende Bergwelt. Es war für mich und mein Team eine echte Herausforderung ein Menü zu kreieren, das die Geschmäcker unserer Gäste auch auf einer derartigen Höhe trifft. Beispielsweise nimmt die Fähigkeit süß und salzig zu schmecken um etwa 30% ab, wenn man sich in hohen Lagen befindet!
Aber wodurch und wie genau wird der Geschmack durch die Höhenlage eigentlich beeinflusst? Mit zunehmender Höhe nimmt der Luftdruck ab. Das hat Auswirkungen auf die Lebensmittel, die deshalb an geschmacklicher Intensität verlieren, denn der niedrige Druck beeinflusst die Wahrnehmung. Aber auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine große Rolle: Lebensmittel trocken in der Höhe schneller aus und die Textur kann sich verändern. Ein weiterer Faktor ist die Temperatur, die in großen Höhen stark variieren kann. Bei Kälte werden manche Geschmacksrichtungen stärker wahrgenommen als bei wärmeren Temperaturen. Hinzu kommt die veränderte Luftzusammensetzung, weniger Sauerstoff und mehr Gase. Zu guter Letzt ist die Verfügbarkeit der Zutaten ein großes Thema, denn natürlich sind nicht alle Produkte hier oben auf dem Berg verfügbar. Die lokale Küche ist von den dort erhältlichen landwirtschaftlichen Erzeugnissen geprägt, wie beispielsweise frische und teilweise warme Milch oder selbstgemachte Butter direkt von der Alm. Alles qualitativ-hochwertige Produkte, an deren Geschmack wir jedoch nicht gewöhnt sind.
Ich empfehle, sich mal auf einen geschmacklichen Exkurs in die Berge zu begeben, um dort die einfachen Zutaten und das bäuerliche Handwerk zu entdecken. Hier kommt man zur Ruhe und erlebt wunderbare geschmackliche Eindrücke, ganz anders als in der Stadt. Übrigens: Ein lauter Geräuschpegel und Stress schränken das Geschmacksempfinden ebenfalls ein, was Ihnen hoch oben auf der schönen Alm oder in einem Berghotel wie dem Prätschli in Arosa nicht passieren dürfte ...
Ich wünsche Ihnen einen genussvollen Einstieg ins neue Jahr! Lassen Sie es sich gut gehen!
Es grüßt Sie vom Berg
Ihr Tristan Brandt